Meine Schulferien – von Jessica Krumpitsch, 3A
Wir sind heuer nicht ans Meer gefahren. Mein Papa hat schon im Frühjahr angekündigt, dass wir einen Fahrrad-Urlaub machen werden, um das Klima zu retten. Er wollte dafür E-Bikes kaufen. Mama meinte, es wäre besser für die Umwelt, wenn wir uns Fahrräder am Urlaubsort ausborgen. Papa antwortete ihr, sie soll sich ihre guten Ratschläge für die Umwelt-Pippi-Langstrumpf aufheben.
Mein älterer Bruder wollte nicht mitfahren und sagte: „Radfahren mit Elektrounterstützung ist wie Segeln mit einem Außenbordmotor.“ Bevor er zwei Wochen lang mit einem E-Bike in der Gegend herumfährt, bleibt er lieber zu Hause und lässt sich als Ferialpraktikant ausnutzen. Also bestellte Papa drei E-Bike-Bausätze im Versandhandel. Dazu kaufte er für den Transport auch noch eine Anhängerkupplung und einen Fahrradträger. Mama meinte, um das Geld hätten wir uns vier Wochen lang in einer Sänfte durch Amerika tragen lassen können.
Die Bausätze wurden schon nach einer Woche geliefert. Beim Auspacken hörte ich Papa plötzlich rufen: „Jo san denn de deppat!“, weil statt einer Bauanleitung nur eine Explosionszeichnung dabei war. Als er das erste Rad zusammengebaut hatte, fragte ihn Mama, ob es normal ist, dass einige Teile übrigbleiben. Da wurde er ganz grantig und rief ihr zu, sie soll sich den Kas selber machen. Nachdem Papa am nächsten Tag in die Arbeit gegangen war, hat Mama unseren Nachbarn um Hilfe gebeten. Der hatte die drei Fahrräder rasch zusammengebaut. Unser Nachbar kann nämlich einige Dinge besser als Papa. Das hat Mama auch schon einmal zu ihrer besten Freundin gesagt.
Vor unserer Abreise begann die alljährliche Diskussion darüber, wann wir abfahren. Papa wollte sehr früh los und meinte: „Bis die ganzen Wappler aufstehen, sind wir schon dort.“ Mama hingegen erklärte: „Fahren wir gegen Mittag. Da sind die Wappler schon weg.“ Papa ist stur geblieben. Am Abreisetag graute der Morgen, und mir graute vor dem frühen Aufstehen. Wir sind gegen vier Uhr früh losgefahren. Leider waren alle Wappler auch unterwegs. Auf den Straßen war nämlich sehr viel los und Papa war urgrantig.
Wir haben schon am nächsten Tag die erste Radtour unternommen. Mama und ich trugen einen Helm. Papa wollte nichts aufsetzen und erklärte: „Ein richtiger Mann macht es ohne“. Am darauffolgenden Tag ist der Radausflug dann ausgefallen, weil Papa einen ganz roten Plutzer hatte von der Sonne. Danach trug Papa immer eine Kopfbedeckung.
Ich konnte vom Balkon unseres Zimmers auf den Radweg sehen. Wer glaubt, dass es auf den Straßen gefährlich ist, der hat noch nie beobachtet, was ist, wenn die E-Bike-Fahrer auf die gewöhnlichen Radler treffen, die in die Arbeit fahren. Mama sagte, das Problem der E-Bikes ist, dass damit Menschen mit 25 km/h herumfahren, die sich schon im Alltag schwertun und nicht einmal eine Dose Inzersdorfer Fleischschmalz ohne fremde Hilfe aufmachen können.
Die folgenden Tage verbrachten wir mit längeren Radausflügen. Manchmal fuhren wir auch an einen Badesee. Papa hatte immer Angst, dass uns die teuren Räder gestohlen werden, und so lagen Mama und ich mit Blick auf den See auf den Liegen, während Papa verkehrt zu uns lag, um den Parkplatz im Auge zu behalten.
Zum Glück hatten wir im Urlaub keinen Unfall und sind nach zwei Wochen wieder gesund zu Hause angekommen. Ich bin heute das erste Mal mit dem Fahrrad zur Schule gefahren. Mama hat sich vorgenommen, zumindest die kleinen Einkäufe mit dem E-Bike zu machen. Das Fahrrad von Papa wird in der Garage verstauben so wie das Surfbrett daneben und alle anderen Dinge, die er unbedingt haben wollte.
Das war unser Urlaub. Ich hoffe, wir fahren nächstes Jahr wieder ans Meer.
Foto: Winora