Mit der Elektromobilität ist das so eine Sache. Die Verkäufe stocken, oft werden die hohen Kaufpreise als Grund dafür genannt. Nicht mehr als 25.000-Euro soll ein Stromer kosten, um ihn einer breiteren Kundschaft schmackhaft zu machen. Dann sollen die Wagen möglichst auch noch die Sinne ansprechen, also emotional sein. Sterile E-Fahrzeuge mit dem Charme eines Kontrollraumes erhöhen nicht zwingend die Absatzchancen. Der Honda e ist so ein Beispiel. Der charmante Klein-Stromer kam beim Publikum an, bereitete Fahrspaß, war aber mit einem Preis deutlich jenseits der 30.000-Euro zu teuer. Die Konsequenz: Nach vier Jahren haben die Japaner den rundäugigen Sympathieträger vom Markt genommen.
Jetzt nimmt Renault einen neuen Anlauf, um mit dem Renault R5 E-Tech Electric diese automotive Zwickmühle aufzulösen. Anders als VW wendet Renault das Prinzip „Zurück in die Zukunft“ an, nutzt seine Kleinwagen-Historie und steigt ab Herbst dieses Jahres mit einem elektrischen Renault 5 ein. Jenes Auto, das 1972 auf den Markt kam und als pfiffiger französischer Kleinwagen die automobile Welt im Sturm eroberte. Diese Vorlage gedenket die Rhombus-Marke jetzt zu verwandeln. „Wir haben viele Details, die an den Klassiker erinnern“, erzählt Designer Gilles Vidal. Dazu gehören der kleine Heckflügel und das Gitter auf der Fronthaube. Eigentlich braucht man Letzteres bei einem Elektroauto nicht. Also wollten die französischen Techniker die Ladebuchse dort anbringen, fanden aber schnell heraus, dass das nicht besonders praktikabel war, da das Kabel ständig an der Frontschürze scheuerte. Also zeigt nun eine LED-Anzeige der Zahl fünf unter dem Gitter mit einzelnen Segmenten den Ladestand an und leuchtet auf, sobald sich der Fahrer dem Auto nähert. Der Filou zwinkert dann sogar mit den LED-Scheinwerferaugen.
Kurze Überhänge
Schaut man sich den R5 E-Tech Electric an, erkennt man schnell, dass die Formgeber bei der Serienversion, die im Herbst auf den Markt kommt, den ursprünglichen Proportionen des Namensgebers mit den kurzen Überhängen treu geblieben sind. Mit einer Länge von 3,92 Metern und 18 Zoll großen Rädern steht der Kleinwagen stämmig da. Kleine Randnotiz: Die Chrono-Felgen sollten erst zehn Speichen haben, jetzt sind es auf Wunsch des Uhrenfans und Renault-Chefs Luca de Meo zwölf. Die Basis für den neuen R5 bildet die AmpR Small-Plattform, die sehr skalierbar ist und auch den technischen Unterbau für den elektrischen Clio bilden dürfte.
Die Franzosen bieten den R5 entweder mit einer NMC-Batterie mit einer Kapazität von 40 Kilowattstunden sowie einer Reichweite von 300 Kilometern oder mit 52-kWh-Akkus, die für 400 Kilometer gut sind. Der französische Stromer soll auch Vehicle-to-Grid (V2G) beherrschen, damit Teil eines intelligenten Stromnetzes werden und sogar Geld verdienen beziehungsweise die Ladekosten reduzieren. Geladen wird mit maximal 11 kW bei Wechselstrom und mit 80 beziehungsweise 100 kW an einer DC-Stromtankstelle. Was den Gleichstrom angeht, nicht gerade rekordverdächtig, aber beim AC-Strom durchaus in Ordnung. Vor allem, wenn sich die chinesische Konkurrenz anschaut.
Drei Leistungsstufen
Und wie schaut es mit dem Fahrspaß aus? „Das Auto ist ein Gokart“, verspricht Chefingenieur Jeremie Coiffier und ergänzt lächelnd: „Ich konnte mir die Rosinen der Technik des Renault-Konzerns herauspicken.“ Also bekommt der Renault R5 E-Tech-Electric eine Multi-Link-Hinterachse und einen Motor samt neuem Inverter. Um die Entwicklung (Zeitraum nur drei Jahre!) so effizient und kostengünstig wie möglich zu halten, nutzte man bei der E-Maschine und Getriebe die Partner, die bereits bei der Konstruktion des Megané und Scenic E-Tech beteiligt waren. Der Renault 5 E-Tech Electric hat also einen Motor mit drei Leistungsstufen, die über die Software realisiert werden: 95 PS, 122 PS und 150 PS. Die Top-Version verfügt über ein Drehmoment von 245 Newtonmetern und absolviert den Standardsprint von null auf 100 km/h in 7,9 Sekunden. Die Basisvariante braucht 12,9 Sekunden. Immer noch flott genug für den urbanen Bereich. Denn das soll der R5 in erster Linie sein: ein Stadtauto und ein bezahlbares noch dazu. Damit man den Einstiegspreis von weniger als 25.000 Euro erreichen, muss man sich auf das Wesentliche konzentrieren. Das gilt auch für das Gewicht des Stromers, das mit den 40 kWh-Akkus lediglich 1.372 Kilogramm und mit den 52 kWh-Energiespeichern 1.456 Kilogramm beträgt.
Attraktiver Auftritt
Sich auf das Wesentliche zu beschränken, ist einer der Schlüssel gegen die Preisspirale. Also gibt es den Elektro-R5 zum Marktstart nur in fünf Farben. Wobei unser Favorit das giftige Pop Green sind. Eine Reminiszenz an die 1970er und 1980er, als der R5 in jeder Stadt das Straßenbild prägte. “Der Renault R5 E-Tec Electric ist das witzigste Auto unserer Modellpalette”, strahlt Innenraum-Design Paula Fabregat. Richtig, der R5 ist der französische Mini. Etwas, was VW bislang nicht auf die Räder gestellt bekommt. Bei so viel Außenhüllen-Pepp darf das Mobiliar nicht abfallen. Hier hat Paula Fabregats Team ganze Arbeit abgeliefert und staffiert den R6 auf Wunsch mit Jeansstoff aus, der aus recyceltem PET-Flaschen besteht. Auf Nachfrage versichert die Designerin, dass die Bezüge nicht nur haltbar sind, sondern auch keine Schweißausbrüche hervorrufen. Im Innenraum geht es zwar nicht luxuriös, aber deutlich angenehmer zu als das zum Beispiel bei der Plastikwüste der ersten Generation des ID.3. Der zehn Zoll-Touchscreen als Kommandozentrale passt auch perfekt zum Interieur. Beim Begrüßungsjingle und dem Fußgängerwarnton war die französische Synthie-Sound-Ikone Jean-Michel Jarre beteiligt. Also ist dieser R5 fast schon eine nationale Angelegenheit.
Bei einem Auto mit einem Radstand von 2,54 Metern nicht überall opulente Platzverhältnisse herrschen, leuchtet ebenfalls ein. Vorne haben Erwachsene mehr als genug Platz, dahinter wird es schon deutlich enger. Lange Autobahnfahrten möchte man als ausgewachsener Mitteleuropäer im Fond des Renaults zwar nicht zurücklegen, aber für kürzere Strecken geht es durchaus. Dazu kommt noch das Kofferraumvolumen von 326 Litern. Jetzt muss nur noch die Frage, ob der Renault 5 E-Tech Electric auch so gut fährt, wie er aussieht.