Es muss so um Mitte der Sechziger gewesen sein, als einer der wichtigsten Sportschreiber des Landes, Helmut Zwickl (im Bild von 1965 rechts neben dem Autor) vom „Kurier“, damals die größte Tageszeitung des Landes, ins Pressehaus zur „Kronen Zeitung“ Dichand-Falks wechselte. Dank seines entspannten Gemüts kommunizierte Helmut mit dem Kurier-Motorchef Hans Patleich auch nach seinem Wechsel zur Konkurrenz noch auf durchaus freundschaftlicher Ebene. Damals buhlte die gesamte Wiener Automobil-Society um den frei gewordenen Platz eines Motorsport-Schreibers im „Kurier“.
Der schwergewichtige Patleich wich diesen Anbiederungen stets geschickt aus. Während einer Ford-Pressekonferenz im noblen Hotel „Intercontinental“ wandte er sich in seiner Verzweiflung an seinen ehemaligen Mitarbeiter Zwickl: »Waßt niemand fürn Motorsport bei mir?« Helmut und ich kannten einander seit den ersten Innsbrucker Flugplatzrennen, und er wusste von meinem bis zur Selbstvernichtung reichenden Enthusiasmus fürs Gasgeben, legte wie üblich sein Haupt in Schräglage und antwortete knapp: »Nimm den Glavitza.«
Für den damals in der Branche nahezu weltberühmten Patleich war ich nicht einmal ein unbeschriebenes Blatt, darum seine ebenso knappe Antwort: »Wer soi des sei?« Zwickl, noch in Schräglage: »A G’scherda, den kana kennt.« Patleich legte die Hände auf seinen nahezu zweieinhalb Meter messenden Bauchumfang: »Des passt. Sog eam, er soi mi anruaf’n.« Und meine glorreichen Jahre als Kurier-Motorsportjournalist waren gebongt.
Zwickl und ich blieben gute Freunde. Da gab es eine abenteuerliche Fahrt zum Bergrennen Trento Bondone und eine laute Nacht mit dem damals berühmten Fotografen Julius Weitmann, der uns nach drei (oder waren es vier?) Flaschen Rotwein eine einführende Vorlesung über die deutsche Motorsportgeschichte gehalten hatte. Er holte bei den SS-Mitgliedschaften der damaligen Rennfahrer bei Auto Union aus und spannte den Bogen bis zum Porsche-Rennleiter Fritz Huschke von Hanstein, der nie ein „von“ gewesen sein soll – selbiger schlief einen Stock über uns, und ich fürchtete schon, von dessen Bannstrahl vernichtet zu werden.
Besonders lustig war’s dann beim Grand Prix von Monaco 1965, Jochen Rindts erstes Formel 1-Jahr. Wir teilten zu viert ein Zelt. Zu viert? Helmut war mit seinem Leibfotografen Alois „Loisl“ Rottensteiner dort, und ich mit einem Mädel. Zwickl und Rottensteiner waren von Goodyear zu einem Presse-Dinner eingeladen – meine Freundin und ich hatten das Zelt für uns allein. Als die beiden wohlgenährt gegen Mitternacht zurückkamen, erklärte ich meiner Holden noch immer, was „steirische Amore“ bedeutete.
Eine Weile ließen uns die beiden in Ruhe balzen, bis es ihnen zu kalt und vor allem zu blöd wurde. Ich höre noch, als wäre es gestern, die stramme Stimme Helmuts: »Heast es zwa – a Ruah is jetzt, mia woin schlof’n.« Die Ruhe währte jedoch nicht lange: Knapp nach Sonnenaufgang wurden wir vom wilden Kreischen eines Climax-V8 geweckt! Auf der nah am Zelt vorbeiführenden Bundesstraße jagte Jo Siffert seinen Lotus-24 zwecks Vergaser-Einstellung auf und ab. Es wurde ein anstrengendes Wochenende.
Foto: Kumpa