Nach dem Atto 3 und dem Han stromt nun der dritte im Bunde auf unseren Straßen: der Dolphin. Als Vertreter der Kompaktklasse hat er den VW ID.3 oder den Cupra Born direkt im Visier – und das nicht nur preislich. Zum Vergleich: Der Einstieg in die Welt der Kompakt-Elektriker „Made in Germany“ ist um 3400 Euro teurer als der gleich starke Dolphin im vergleichsweise ansehnlich ausgestatteten Top-Trimm „Design“, den wir zum Test ausgefasst haben.
Klassischer Fronttriebler
Aus technischer Sicht setzt BYD im Vergleich zur Konkurrenz aus dem VW-Konzern auf klassischen Frontantrieb, in Sachen Stromspeicher kommt die hauseigene „Blade“-Batterie zum Einsatz (brandsicherer Lithium Eisenphosphat-Akku statt Lithium-Ionen). Zudem ist stets eine Wärmepumpe an Bord, die Restwärme im Fahrzeug für mehr Reichweite verwertet. Letztere fällt in der Praxis mit 390 Kilometern übrigens eine Spur höher aus als beim ID.3.
Der Dolphin überrascht, denn wer sich also ein Billig-Auto made in China vorstellt, wird positiv überrascht – macht er doch einen durch und durch hochwertigen Eindruck und lehrt so der europäischen Konkurrenz das Fürchten. In manchen Bereichen wie Sitze oder Multimedia-Niveau spielt er gar in einer höheren Liga als im klassischen Kompakt-Segment.
Was nicht heißt, dass der neue Stromer alles perfekt macht. Das Fahrwerk kann summa summarum nicht mit den Besten mithalten, die deutschen Übersetzungen im Multimediasystem sind teilweise patschert. Die Gangwahl über den Drehregler ist im besten Fall gewöhnungsbedürftig, ebenso die Verstellung der Fahr-Modi. Tasten oder Drehregler für die Lautstärke sucht man dazu vergeblich.
Hinzu kommen teils nervige Assistenzsysteme (vor allem der Spurhalte-Warner gibt häufig Fehlalarm, immerhin kann man ihn recht leicht abschalten) sowie eine recht geringe Ladeleistung von nur 88 kW – bei VW sind beispielsweise 120 möglich.
Noch ein Wort zum Design: Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Dass die BDY-Optik nicht vollends dem europäischen Stil entspricht, ist klar. Auf der anderen Seite gibt es einiges zu entdecken, Stichwort Innenraum: Als Herzeige-Hit kristallisiert sich wie schon beim Atto 3 der auf Knopfdruck drehbare Multimedia-Schirm – einzig-artig, nicht nur unter den Kompakten.
Die genaue Bewertung des Test BYD Dolphin lesen Sie unten. Dieser Test erschien übrigens mit vielen weiteren in der Ausgabe November 2023 von Alles Auto, hier online zu bestellen.
Foto: Robert May
Motor & Getriebe
Ausreichend kräftiger E-Motor, auch im Sport-Modus ist die Gasannahme nicht zu spontan. Kein künstlicher Stromer-Sound. Tadellose Eingang-Automatik, die Rekuperation ist in zwei Stufen einstellbar – Ein-Pedal-Fahren aber nicht möglich.
Fahrwerk & Traktion
Leicht poltrige Achsen, sonst komfortabel – beim flotten Richtungswechsel etwas wankfreudig. Dennoch sicheres Fahrverhalten, wachsame Regelsysteme. Ausreichend feinfühlige Lenkung. Traktion nur bei vollem Strom-Einsatz überfordert. Kräftige Bremsen, deren Ansprechen man einstellen kann (angenehm oder giftig).
Bedienung & Multimedia
Angenehme Sitzposition auf bequemen Stühlen. Gute Übersicht, nur die A-Säule nimmt einem bisweilen die Sicht. Kleine, aber weitgehend spiegelfreie Digital-Instrumente. In Sachen Qualität beeindruckender Touchscreen: Die Tipp-Befehle werden flott umgesetzt, die Software leistet sich keine Patzer – Apple CarPlay und Android Auto nur via Kabel. Sprachsteuerung OK. Ausreichend Ablagen. Rundumsicht geht in Ordnung, 360 Grad-Kameras in allen Trimms mit an Bord. Kein Anhängerbetrieb möglich, dafür Vehicle-to-load.
Innen- & Kofferraum
Im Klassen-Vergleich eher eng geschnitten, nur die Kniefreiheit hinten kann sich sehen lassen. Durchschnittlich großer und gut nutzbarer Kofferraum, allerdings hohe Ladekante. Nach dem Umlegen der 2:1-Fondlehnen bleibt die Ladefläche eben, wenn der doppelte Boden in der obersten Position ist.
Dran & Drin
Im Top-Trimm ordentlich bestückt, nur Lenkrad-Heizung geht ab. Zu empfehlen: Der 2000 Euro billigere „Comfort“ unterscheidet sich in erster Linie durch eine weniger ausgefallene Optik. Schon um 30.990 Euro erhältlich: der „Active“ mit kleinerer 45 kWh-Batterie für 340 Kilometer Norm-Reichweite. Überraschend hochwertige Materialien (Ausnahme Hutablage), klapperfreie Verarbeitung.
Schutz & Sicherheit
Zusätzlich zu den üblichen sechs Airbags ist ein zentraler Luftpolster an Bord. In Sachen E-Helferlein übervoll ausgestattet.
Reichweite & Laden
Dank niedrigem Verbrauch mit brauchbarer Praxis-Reichweite, dank Wärmepumpe recht kälteresistent. Unterdurchschnittliche Ladeleistung (Wechselstrom mit 11 kW, Gleichstrom mit 88 kW).
Preis & Kosten
Nur der ebenfalls chinesische MG4 ist noch günstiger, die europäische Konkurrenz (VW ID.3, Cupra Born, Renault Mégane E-Tech) deutlich teurer. Jahresservice Pflicht, dünnes Service-Netz. Sechs Jahre Garantie, sehr geringer Test-Verbrauch, voll förderfähig.
Technik
Serienausstattung
Extras
L/B/H 4290/1770/ 1570 mm, Radstand 2700 mm, 5 Sitze, Wendekreis 10,5 m, Reifendimension 205/50 R 17, Kofferraumvolumen 345–1310 l, Leergewicht (EU) 1658 kg, zul. Gesamtgewicht 2068 kg, max. Anh.-Last –
0–100 km/h 7,0 sec, 60–100 km/h 4,0 sec, Spitze 160 km/h, Steuer (jährl.) keine, Werkstätten in Österreich 30, Service alle 20.000 km (mind. 1x/Jahr), WLTP-Normverbrauch kombiniert 15,9 kWh, Testverbrauch 15,4 kWh, Reichweite Norm/Test 427/390 km, Ladedauer bei 11 kW (100%) 6 Std 12 min, bei 88 kW Gleichstrom (80%) 43 Min