Denn der Kombi wirkt auch innen aufgeräumt und modern, doch Assistenzsysteme sucht man vergebens. Wenn man diesen Begriff im allerweitesten Sinn auffasst, findet man im
getesteten Topmodell „Luxus“ immerhin ESP, Berganfahrhilfe und Rückfahrkamera. Dazu Klimaautomatik und ein Navigationssystem, das jedoch eine schwache Auflösung bietet, umständlich zu bedienen ist und bei vielen kleinen Orten lediglich das Zentrum anpeilen kann.
Spar-Bemühungen bemerkt man vor allem am konsequenten Hartplastik-Einsatz, dennoch ist alles recht solide und völlig klapperfei verarbeitet. Der Vesta ist also nicht nur auf russische Winter vorbereitet – etwa mit blitzschnell ansprechender Sitzheizung vorne und hinten sowie einer Frontscheibenheizung –, sondern auch auf russische Straßen. Ebenfalls in diese Kerbe schlägt die sanfte Federung des gegenüber dem normalen Vesta SW um drei Zentimeter höher gelegten Cross, dazu bietet er eine um fast zwei Zentimeter breitere Spur und 17 Zoll-Räder.
Fahrbahnunebenheiten werden recht brav gebügelt, dafür gibt es in Kurven viel Seitenneigung, und bei Extremfahrt kann es zum Heck-Schwenk kommen. Wohlgemerkt: bei Extremfahrt. Also voll beladen plus ruckartiges Ausweichmanöver. Nur so lässt sich das ESP austricksen, das normalerweise scharf ist wie ein Wachhund.

Generell ist das Fahrverhalten agiler als erwartet, weil der Vesta mit einer Gewichtsverteilung von nur 57 Prozent zugunsten der Vorderachse gar nicht kopflastig ist. Gut, dass die Traktion des Fronttrieblers trotzdem in Ordnung geht. Auch die Lenkung geht als präzise durch, die vier Scheibenbremsen agieren wirksam und fading-frei.
Der 1,6 Liter-Benziner kommt nicht von Renault, sondern von Lada selbst. Wohl ist er anspruchslos und langlebig, geht aber auch recht altmodisch ans Werk. Mangels Turbo hält sich sein Drehmoment in Grenzen, obenrum wird er laut – ohne ein echter Konversations-Killer zu sein.
Definitiv gewöhnungsbedürftig ist das automatisierte Schaltgetriebe AMT. Man darf hier keineswegs dem Irrtum verfallen, dass man um 650 Euro Aufpreis eine vollwertige Automatik bestellt hat. Es schaltet extrem träge und nicht immer dann, wenn man es selbst für richtig hält.
Gibt man Vollgas, schaltet AMT nicht zurück, sondern dreht lediglich den gerade eingelegten Gang aus. Oft eine zähe Angelegenheit. Sollte es wirklich schnell gehen, muss man das Pedal schlagartig an den Fahrzeugboden heften – also Kick-down im ureigenen Sinn. Erst dann schaltet die Automatik zurück, wenn auch noch immer gemächlich – das gilt sogar beim manuellen Betätigen des Schalthebels. Positiver Nebeneffekt: Die ewig langen Schaltzeiten helfen mit, den an sich recht hohen Verbrauch zu senken – im Vergleich zur Handschalt-Version um gut einen Liter.
Im Raum-Kapitel erhält der Vesta-Kombi wiederum gute Noten: Die Sitzbank ist gegenüber der Limousine um ein paar Zentimeter nach hinten versetzt, das bringt wertvollen Knieraum für die Fondpassagiere, mehr Kopffreiheit genießen sie ebenfalls. Das Ladevolumen geht dennoch in Ordnung, dazu gibt es handelsübliche Erweiterungs-Möglichkeiten und zwei geräumige Kellerfächer. Die Ladekante liegt trotz Karosserie-Höherlegung bei erträglichen 73 Zentimetern, die Heckklappe schwingt weit auf.
Bleibt die Frage, warum man zum Lada Vesta SW Cross greifen sollte, wo es mit dem Dacia Logan MCV Stepway einen etablierteren Crossover-Gegner im gleichen Billig-Segment gibt, noch dazu mit einem modern-sparsamen Dreizylinder-Turbobenziner und besserem Service-Netz? Max Schmidt, Verkaufsleiter für Lada in Österreich und Süddeutschland, meint dazu: „Wir registrieren derzeit nicht wenige Umsteiger von Dacia auf Lada. Nicht, weil die Leute mit ihrem Dacia unzufrieden waren, sie halten aber das Vesta-Design für moderner.“
Außerdem sei für diese Kundschaft ein solider Vierzylinder-Saugbenziner eher ein Pro- als ein Contra-Argument. Und nicht zuletzt sei dieser auch fit für moderne Emissions-Vorschriften. Schmidt: „Derzeit wird im Werk auf die neueste Abgasnorm umgestellt. Ab September ist jeder Vesta nach Euro 6dTEMP typisiert, für Bestellungen gilt das ab sofort.“

Fahrwerk & Traktion – Die softe Fahrwerksabstimmung sorgt für annehmbaren Komfort, wenn auch für erhebliche Seitenneigung. Im Grenzbereich ansatzweises Übersteuern, ESP reagiert aber rigoros. 20 Zentimeter Bodenfreiheit machen den Vesta fit für Feldwege, ebenso die brauchbare Traktion. Durchaus wirksame, standfeste Bremsen. Mittel-direkte Lenkung mit akzeptabler Präzision.
Cockpit & Bedienung – Gute Cockpit-Ergonomie, aber nicht optimal ablesbare Armaturen. Navi mit geringer Auflösung und lückenhafter Software. Schnelle Sitzheizung, müde Klimaanlage. USB-Slot für Smartphone-Aufladung zu schwach. Sicht nach schräg hinten eingeschränkt, Rückfahrkamera jedoch Serie. Vernünftig dimensionierte, straffe Sitze.
Innen- & Kofferraum – Ordentliche Bewegungsfreiheit vorne wie hinten, im Fond bietet der Kombi mehr Knie- und Kopfraum als die Limousine. Mittelgroßer, gut nutzbarer Kofferraum mit Erweiterungsmöglichkeit über 2:1 Umlege-Lehnen. Das zweigeteilte Kellerabteil verhindert, dass dabei eine Stufe entsteht. Großes, kühlbares Handschuhfach.
Dran & Drin – Mit Klimaautomatik, Navi, Fond-Sitzheizung & Co. ordentlich ausgestattet. Klapperfreie, fast durchgehend solide Verarbeitung, aber durchwegs Billig-Hartplastik im Innenraum. Der Verzicht aufs automatisierte Getriebe spart 650 Euro. Praktisch keine Extras erhältlich.
Schutz & Sicherheit – Front- und vordere Seitenairbags plus ESP als einzige Sicherheits-Features. Keine Assistenzsysteme erhältlich, kein NCAP-Crashtest absolviert.
Sauber & Grün – Als indirekt einspritzender Saugbenziner brav bei Stickoxiden und Rußpartikeln. Dafür ist der Verbrauch nicht mehr zeitgemäß, obwohl das automatisierte Schaltgetriebe beim Sparen hilft. Kein Start/Stopp-System.
Preis & Kosten – Ausstattungsbereinigt sensationell preisgünstig. Ebenbürtig ist nur der Dacia Logan MCV Stepway. Drei Jahre Garantie. Dünnes Werkstatt-Netz, aufgrund des Exoten-Status fragwürdige Werthaltung.