Angeblich ist das Wort „Kostenwahrheit“ eine österreichische Schöpfung – geboren im Lkw-Transit-Streit der 90er-Jahre. Der Begriff meint Verursachungsgerechtigkeit, was aber für die meisten Menschen – und Politiker – schon wieder arg kompliziert klingt. Nun soll also mehr Kostenwahrheit für das Auto her, Vizekanzler Werner Kogler hat gesprochen. Zeit wird’s. Immerhin zahlen die österreichischen Autofahrer seit Jahrzehnten Mineralölabgabe, NoVA, Zulassungsgebühren und motorbezogene Versicherungssteuer, ohne im Gegenzug jemals eine Aufwandsrechnung vorgelegt zu bekommen.
Die Wahrheit über diese Kosten, wenn sie schon von einer der höchsten Stellen im Staat angesprochen wird: Sie sind im europäischen Vergleich hoffnungslos überhöht und betragen ein Mehrfaches dessen, was Republik, Länder und Städte für Ausbau und Erhalt der Auto-Infrastruktur aufwenden. Wir können gerne auch noch alle Unfall-Kosten und die der berüchtigten Feinstaub-Opfer einrechnen, weil ja selbst ein 92-Jähriger Kettenraucher zweifellos an nichts anderem gestorben sein kann als am allgemeinen Diesel-Dunst – es verändert die Bilanz auch nur hinter dem Komma. Sogar die stolzen 1,348 Milliarden, die das offizielle Österreich zuletzt für den Umweltschutz ausgegeben hat, laufen da noch locker mit rein.
Natürlich maulen jetzt die Klimaschützer: Der Verkehr muss ja trotz seiner CO2-Emissionen nicht einmal für Zertifikate aufkommen – wie ungerecht ist das denn! Gar nicht – weil er seinerzeit bewusst aus dem Zertifikate-Handel ausgenommen wurde: Wegen des in jeder Verfassung festgehaltenen Verbots von Doppelbesteuerungen wären alle Staaten sonst um ihre wesentlich fetteren Einnahmen aus den konventionellen Abgaben umgefallen. Und billiger wäre es für die Autofahrer auch noch geworden.
Wir wollen der Kostenwahrheit also nicht im Wege stehen. Und wenn schon, dann soll sie verpflichtend auch für alle gelten. Etwa für Betreiber von Atomkraftwerken mit den absehbaren Kosten der Endlagerung ihrer Brennstäbe und des Strahlenschutzes für ihre irgendwann ausrangierten Meiler. Oder für die ÖBB – also Schluss mit Subventionen, womit sich das kommende 1-2-3-Ticket wohl erledigt hätte. Nicht zu vergessen die Wiener Linien, deren 365 Euro-Jahreskarte dann korrekterweise etwa einen Tausender mehr kosten würde.
Und wenn es schon vor allem ums CO2 gehen soll: Kostenwahrheitsgemäß müsste es dann gegengerechnet zu Kindergeld und Familienbeihilfe eine Klimaabgabe geben, die Eltern für jedes Kind zu entrichten haben – immerhin wird es Zeit seines Lebens die Kohlendioxid-Bilanz erhöhen.
Oder hat der grüne Vizekanzler gemeint, dass Schluss ist mit der Kaufprämie für E-Autos und stattdessen die Kosten für Ressourcen-Raubbau und künftige Batterie-Entsorgung aufgeschlagen werden? Vermutlich nicht. Was wir bekommen werden, ist also wahrscheinlich eine exklusiv auf den Verbrennungsmotor-Pkw zugebastelte alternative (Kosten-)Wahrheit, mit Copyright Danksagung an Donald Trump. Was uns verpflichtet, sie als das zu bezeichnen, was sie demnach sein wird: eine frisch aufgetischte Lüge, die noch teurer kommt als die bisherige.
Foto: Robert May