Wenn ein Rennfahrer ein Hotel führt …

28. November 2016
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In der Garage stehen seltene Mustang, bei einem Nebeneingang zum Haupthaus ein Wohnmobil für schweres Gelände und als Klangkulisse dient gerade das Röhren von geschätzt 20 Porsche-Motoren, die ganz in der Nähe etwas Auslauf bekommen. Es dauert nicht lang um zu bemerken, dass der Brandlhof in Salzburg, ganz in der Nähe von Saalfelden, nicht unbedingt ein 08/15-Hotel ist. Das Gefühl verdichtet sich, als ich beim Weiterstrandeln, angezogen vom sonoren Röhren der Boxer-Motoren, auf ein interessantes Nebengebäude treffe: das „autohaus“. Im Grunde nicht weniger als eine Eventlocation ganz explizit für die Autobranche gebaut: Mit Waschstraße, eigenem Bereich fürs Finishing der zu präsentierenden Autos, einer Hebebühne und Lampenschirmen aus BBS-Felgen … echten. Cool, auch wenn irgendwie schon mein Herz ein wenig blutet.

 

Gleich dahinter und durch die große Panorama-Scheibe des Autohauses gut zu überblicken: ein ausgewachsenes ÖAMTC Fahrtechnikgelände direkt neben dem Hotel. Schleuderplatten, Rutschbeläge, Wasserhindernisse … alles da. Schweift der Blick dann weiter durchs Land fällt auf, dass das Areal noch eine Überraschung zu bieten hat: Ein Offroad-Gelände, direkt anschließend an einen Steinbruch. Wir reden hier also nicht von Alibihalber aufgeschütteten „Bergerln“, sondern quasi in den Berg gehauenem „echtem Gelände“.

 

Zeit, den Leiter des Hotels kennenzulernen. Ausgemacht ist er schnell: Alexander Strobl heißt er, war und ist Rennfahrer und – wenig überraschend – Autonarr. Die anfangs erwähnten Mustang gehören alle ihm, ebenso das Offroad-Wohnmobil, mit dem er seine Urlaube bestreitet. Damit ist die Sammlung aber noch lange nicht fertig aufgezählt. Seiner aktueller Quasi-Liebling – so ganz festlegen konnte/wollte er sich nicht – ist beispielsweise ein Ford Escort Cosworth WRC, einst gefahren von Carlo Sainz.

Wenig überraschend wird dieser nach wie vor öfter im Renntempo bewegt – gerne auch am eigenen Gelände. Erst letztes Jahr fand als eines von zahlreichen Events die Nacht des Donners neben dem Brandlhof statt. Auch sonst, so verrät uns Strobl, durfte er seit er seine Frau, seit Anbeginn Eigentümerin des Hofes, im Betrieb unterstützt einige Highlights erleben: Nicht selten buchen Autohersteller die gesamte Anlage für internationale Autopräsentationen. Zudem ist BMW quasi Dauergast, Porsche auch öfter hier – darum das Boxer-Orchester während meines Aufenthalts.

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Der Motorsportler und Autonarr Alexander Strobl führt das Haus gemeinsam mit seiner Frau, Birgit Maier.

Doch zurück zu Strobl selbst: Er kam – wie so viele – schleichend zum Motorsport. „Es begann mit Demofahrten für Motor Incentives – damals mit einem Rallye Sierra Cosworth. Dann war eben naheliegend das Fahrzeug auch in Bewerben einzusetzen. Zuerst in der Rallye ÖM in der Gruppe N, dann bei Bergrennen und nach einer Pause jetzt wieder ein paar Histoevents.“ so Strobl.

Heute hilft ihm die Erfahrung aus dem Rennsport auch im Daily Business. Sie schulte seine Konzentration auf im Moment wirklich wichtiges ebenso, wie sie ihm half eine gewisse Gelassenheit zu entwickeln, wenn eben mal was schief geht. Im Rennbetrieb also zum Beispiel, wenn man nach langer Vorbereitung gleich in der ersten Prüfung abfliegt. Wobei er einräumt, dass ihm da gelassen zu bleiben doch nicht unbedingt immer gelungen ist.

Ebenfalls direkt aus dem Motorsport stammt wohl auch etwas, was ich an dieser Stelle einfach mal unter „gesunde Unzufriedenheit“ zusammenfasse – also die gewisse Kompetitivität, der Antrieb sich mit anderen zu messen, immer besser zu werden. Dementsprechend sind er und sein Team natürlich auch alles andere als „fertig“ mit dem Brandlhof. Jetzt, wo das autohaus fertig, eröffnet und gut angenommen ist, stehen schon die nächsten Projekte am Plan: Der Mitarbeiterhaus soll neu gebaut werden, außerdem so mancher Teil des Hauses modernisiert. Man bedenke: Die Chronik des Hauses an sich lässt sich bis ins Jahr 1372 zurückverfolgen. Freilich merkt man davon als Gast aber wenig: Die Zimmer sind hell und freundlich, die Konferenzsäle top-modern (in die meisten kann man von außen übrigens mit Autos reinfahren) und viele der diversen „Attraktionen“ auf dem insgesamt 450 Hektar großen Areal des Brandhofes (Wildererhütte, Flying Fox, Pfeil und Bogen-Parcours und natürlich das Fahrtechnikzentrum) natürlich in deutlich jüngerer Vergangenheit entstanden … und man darf auch weiterhin gespannt sein, was noch folgen wird.