Auch wer Fernreisen scheut, kennt vermutlich die größte Attraktion Kubas – neben Rum und Zigarren natürlich: die amerikanischen Straßenkreuzer aus den Fünfzigerjahren. Von ihren Besitzern mehr oder weniger liebevoll instand gehalten und nach wie vor im Alltag unterwegs. Mit ihnen haben die Menschen erfolgreich die ungeliebte Alternative umschifft: das sozialistische Einheitsauto, den Lada.
Was das mit Österreich zu tun hat? Der heimische Fahrzeugmarkt vermeldet derzeit eine ansehnliche Zunahme an Gebrauchtwagen-Käufen. Neben dem Anlass, in Corona-Zeiten die eigene Mobilität möglichst günstig zu sichern, gibt es einen zweiten Trend: Es werden vermehrt Autos für einen ganz anderen Bedarf gekauft – nämlich einen zuverlässigen Wagen mit Verbrennungsmotor in petto zu haben, sollte es demnächst tatsächlich nur noch Stromer geben. Diese Vorsorge-Käufe betreffen keine Oldtimer, sondern einfach Modelle aus den letzten zwanzig Jahren, die offenbar in guter Erinnerung geblieben sind. Und dazu relativ elektronikfrei, die nervige Digital-Überfrachtung bzw. Assistenzsystem-Bevormundung von heute finden ohnehin vorwiegend die Hersteller toll, weniger die damit zwangsbeglückten Kunden.
Es werden also nicht zwingend außergewöhnliche, aber eben solide Autos angeschafft, um sich damit gegen die ungeliebte elektrische Zukunft zu wappnen. Auch die Werkstätten freut das: Der Auftrag lautet oft, die Anschaffungen komplett durchzureparieren und sie in Topzustand zu versetzen – schließlich müssen sie künftig zuverlässig und dann für lange Zeit möglichst klaglos laufen. Bevorzugt werden dabei Marken und Modelle mit zuverlässiger Teileversorgung zu vernünftigen Preisen. Aber auch potentere Varianten werden verstärkt gesucht – mit der Umstellung der motorbezogenen Versicherungssteuer zahlen attraktiv motorisierte Neuwagen seit Oktober empfindlich drauf. Die älteren kosten hingegen so viel wie vorher und machen dazu meist sogar noch mehr Spaß.
Unser Kauf-Tipp für diesen Trend: Modelle, die es in dieser Art nicht mehr gibt, weil sie leider wegrationalisiert wurden. Etwa dreitürige Kleine und Kompakte. Es muss nicht zwingend ein VW Lupo GTI oder ein Audi S3 sein – auch normale Motorisierungen sind durchaus lobenswert. Oder ein BMW 3er E36 und E46 (siehe Bild oben) mit Saugmotor, Handschaltung und Heckantrieb – gibt es heute neu nirgendwo mehr. Wie wär’s mit einem Audi aus der Fünfzylinder-Ära oder, mit gleicher Häferl-Zahl, ein Lancia Kappa respektive Thesis? Auch Volvos waren vor nicht allzu langer Zeit noch fünfstimmig unterwegs, sogar mit Allrad. Die letzten beiden Saab-Baureihen sind sowieso ein heißer Individualisten-Tipp. Oder der Renault Avantime, ein bisschen Van und Coupé zugleich, damit gleich doppelter Trendbrecher. Der gute alte Range Rover V8 ohne peinliches Hybrid-Feigenblatt – schon allein des Gesichts wegen, das der ID.3 fahrende Nachbar machen wird. Oder ein Honda mit klassischem VTEC-Murl, praktisch unzerstörbar. Warum nicht ein Subaru mit handfestem Boxer? Oder lieber doch ein Alfa 159 bzw. GT Coupé? Die Empfehlungs-
Liste ließe sich lange fortsetzen – weitere Inputs werden gerne entgegengenommen.
Ob Österreich tatsächlich ein zweites Kuba wird oder wie nahe wir ohnehin schon dran sind, beobachten wir aufmerksam weiter. Und freuen uns wie die Karibik-Bewohner künftig auf bunte Fotomotive mit Autos, die wir mögen, anstatt mit verordneten Fahrzeugen.