Knapp fünf Meter misst die elegant gezeichnete Limousine, geht also gegen Audi etron GT, Mercedes EQE und natürlich Tesla Model S ins Rennen – das freilich als klassischer Viertürer. Sieht man sich die Tarife an, die diese Mitbewerber aufrufen, wirkt der erwähnte BYD-Preis dann doch wie ein Schnäppchen, zumal angesichts seiner üppigen Serienausstattung.
Machen wir uns auf die Suche nach Erklärungen. Bei den Materialien wurde nicht gespart, Bezugsstoffe und Dekor-Elemente hinterlassen einen hochwertigen Eindruck, auch die Schalter sowie Drehregler fühlen sich durchwegs gut an – und erinnern meist an Stuttgarter Vorbilder.
Auch die Multimedia-Ausstattung wirkt top, zumindest auf den ersten Blick: Display-Brillanz, Kamera-Auflösung, Prozessor-Speed, Menü-Aufbau, Lautsprecher-Sound – da gibt es wenig zu meckern. Doch es krankt im Detail: Das gesamte Betriebssystem läuft auf Englisch, dazu gibt es keine Sprachsteuerung, auch Android Auto oder Apple CarPlay sucht man vergeblich.
Werfen wir einen Blick auf die Antriebstechnik: Mit 517 PS aus zwei Motoren übertrifft der Han die Basis-Modelle von Audi sowie Mercedes deutlich. Und bei der Batterie-Technik geht BYD ganz eigene Wege: Verbaut sind Lithium-Eisenphosphat-Akkus, deren Haupt-Vorteile nicht von der Hand zu weisen sind: lange Lebensdauer (5000 garantierte Ladezyklen), hohe Sicherheit (praktisch keine Brandgefahr), keine Verwendung von kritischen Rohstoffen wie Kobalt, Nickel und Cadmium.
Als Nachteile erweisen sich die geringere Energiedichte sowie die Tatsache, dass sich ein LFP-Akku nicht so schnell laden lässt, zumal bei tiefen Temperaturen. Und so enttäuscht der Han mit seinem maximale Stromaufnahme: 120 kW sind in dieser Klasse kein Hit. Noch schlimmer sieht es bei Wechselstrom aus, denn da zieht der Han bloß einphasig: Daheim bedeutet das mickrige 3,7 kW, und an öffentlichen Ladestationen sind auch nicht mehr als 7,4 drin.
Das Feeling hinter dem Steuer
Keine Blöße gibt sich die große BYD-Limousine unterwegs. Lenkung und Fahrwerk sind europäisch abgestimmt, dazu passen auch die braven Bremsen by Brembo. Beim Verbrauch und damit bei der Reichweite gibt es ebenfalls wenig zu bekritteln. Dennoch: Auf unseren Straßen wird dieser Chinese ein Han im Korb bleiben, nur 45 Stück sollen es nach Österreich schaffen.
Die genaue Bewertung des Test BYD Han Executive lesen Sie unten. Dieser Test erschien übrigens mit vielen weiteren in der Ausgabe Juli/August 2023 von Alles Auto, hier online zu bestellen.
Foto: Robert May
Motor & Getriebe
Die beiden Elektromotoren schieben die schwere Limousine vehement voran. Rekuperation nur zweistufig einstellbar, Einpedal-Fahren gibt es ebenso wenig wie einen vorausschauenden Adaptiv-Modus.
Fahrwerk & Traktion
Auch im strafferen der beiden Setups durchaus komfortable Dämpfung, dank tiefem Schwerpunkt kein Wanken in flotten Kurven – und auch keine Lastwechsel-Tücken. Souveräne Traktion, kräftige, gut dosierbare Bremsen. Lenkung: etwas wenig Fahrbahnkontakt, wiewohl präzise und direkt genug.
Bedienung & Multimedia
Ordentliche Sitzposition auf sportlich geschnittenen, aber nicht zu engen Möbeln. Multimediasystem nur auf Englisch, immerhin rasch zu durchschauen. Brillante Displays, flotte Software, Digital-Instrumente zart wandelbar. Für die wichtigsten Funktionen gibt es echte Knöpfe und Drehregler, die Steuerung von Sitz-Klimatisierung und Lenkradheizung versteckt sich jedoch in einem Untermenü. Plus: Headup-Display, E-Fahrersitz mit Einstiegs-Automatik, USB-Slots vorne wie hinten. Minus: keine Sprachsteuerung, keine Smartphone-Spiegelung, keine Ladestopp-Planung via Navi. Via Vehicle-To-Load-Adapter können 220V-Geräte angesteckt und betrieben werden.
Innen- & Kofferraum
Viel Passagier-Platz zur Seite hin, im Fond toller Beinraum, aber eher wenig Luft nach oben. Kofferraum beim Volumen im Bereich der deutschen Konkurrenten, wenn auch über eher kleine Öffnung zu beladen. Erweiterung nur über nicht zu große Ski-Durchreiche. Plus: relativ tiefe Ladekante. Minus: trotz langer Haube kein „Frunk“.
Dran & Drin
Wirklich lückenlos ausgestattet, Verwöhnten könnte allein eine Sitz-Massage abgehen. Hochwertig anmutende Materialien mit angenehmer Haptik, recht solide Verarbeitung. Keine Extras zu haben.
Schutz & Sicherheit
Mit Zentral-Airbag plus Fond-Seitenpolstern durchaus Oberklasse-würdig. Praktisch alle gängigen Assistenzsysteme an Bord bis hin zu Türöffnungs- und Heckkollisions-Warner.
Reichweite & Laden
Fein: Praxis-Reichweite deutlich über 400 Kilometer – dank Wärmepumpe wohl auch bei tiefen Temperaturen. Kein Hit beim Strom-Nachladen: Maximal 120 kW Gleichstrom, Wechselstrom wird überhaupt nur einphasig gezogen, damit daheim maximal 3,7 kW.
Preis & Kosten
Selbst mit „nur“ 476 PS kosten Audi etron GT und Mercedes EQE über 100.000 Euro, und das bei schlechterer Ausstattung. Noch teurer, aber stärker und mit größerer Batterie: Teslas Model S. Beruhigend: fünf Jahre oder 100.000 Kilometer Garantie. Top in Sachen Verbrauch, aber wohl eher nicht bei der Werthaltung.
Technik
Serienausstattung
Extras
L/B/H 4995/ 1910/1495 mm, Radstand 2920 mm, 5 Sitze, Wendekreis 12,3 m, Reifendimension 235/45 R 19, Kofferraumvolumen 410 l, Leergewicht (EU) 2250 kg, zul. Gesamtgewicht 2660 kg, max. Anh.-Last –
0–100 km/h 3,9 sec, 60–100 km/h 2,6 sec, Spitze 180 km/h, Steuer (jährl.) keine, Werkstätten in Österreich 23, Service alle 20.000 km (mind. 1x/Jahr), WLTP-Normverbrauch kombiniert 18,5 kWh, Testverbrauch 19,2 kWh, Reichweite Norm/Test 521/445 km, Ladedauer bei 3,7 kW (100%) k.A., bei 120 kW Gleichstrom (30–80%) 30 Min