Man könnte meinen, es gäbe gar keine anderen Probleme mehr: Arbeitslosigkeit, Armut und Kriminalität sind offenbar besiegt, das einzig medial verbliebene Thema ist das Klima. Eine CO2-Abgabe wird es richten, sagen sogar die Wirtschaftsweisen in Deutschland. Der österreichische Nachahmungs-Reflex lässt nicht lange auf sich warten – schon rufen die ersten nach der Einführung einer heimischen Kohlendioxid-Steuer. Die soll am besten den Verkehr treffen, womit die meisten den Pkw meinen. Das Potenzial der teuerungsgesteuerten Emissions-Einsparung liegt dort bei mindestens 20 Prozent, das wären etwa beeindruckende 2 Prozent des rot-weiß-roten CO2-Gesamtausstoßes. Dass eine gute Milliarde an Staats-Einnahmen aus ausländischen Geldbörsen mit dem dann wegfallenden Tanktourismus ebenfalls flöten ginge, wird dabei gern ignoriert.
Also muss eben die Transportwirtschaft zahlen! Die Spediteure werden wie immer jaulen, dann lapidar die Preise erhöhen und die Kosten somit höflich an den Konsumenten durchreichen. Der deutsche Selbhass geht soweit, auch Öko-Zölle auf nicht CO2-neutral hergestellte Importwaren zu fordern. Da lacht sogar der Poltergeist im weißen Haus – sein Handelskrieg wäre dagegen ein lustiges Sandkasten-Gerangel.
Fliegen soll auch teurer werden – Stichwort Flug-Scham. Zweifellos eine faire Maßnahme. Allerdings werden die Leute auf den gewohnten Komfort des Verreisens mit dem Flieger deswegen kaum verzichten, sondern eben einfach nur mehr Geld dafür ausgeben.
Seltsamerweise schlägt bisher niemand eine CO2-Steuer auf die Internet-Nutzung vor. Leider gibt es keine Posting-Scham, obwohl sie in den meisten Fällen gerechtfertigt wäre. Der Betrieb des www ist aber bereits heute klimaschädlicher als der weltweite Flugverkehr. 5 Cent pro WhatsApp- oder Twitter-Nachricht und je Like wären schon gerechtfertigt. Oder doch einmal die Internet-Giganten angemessen besteuern?
Was viele ignorieren: Es gibt in Österreich bereits zwei CO2-Steuern, und beide (be-)treffen das Auto: NoVA und Mineralölabgabe. Die Einnahmen daraus sind nicht zweckgebunden, sondern stopfen allerlei Budgetlöcher. Ob sie nun erhöht werden oder eine zusätzliche Kohlendioxid-Steuer aufgeschlagen wird, ändert daran wohl auch nichts.
Nie thematisiert wird interessanterweise die wesentlich erfreulichere, gegenteilige Variante: Vom jetzigen Level ausgehend eine CO2-bewusste Lebensart zu belohnen. Geringere Steuern auf regionale Bio-Produkte, Waren mit guter CO2-Bilanz und Recycling-Güter. Also kein Geld-Im-Kreis-Herumtragen mit Abgaben, Strafen und Ausgleichszahlungen – sondern es dort lassen, wo es am besten aufgehoben ist und den ökologischen Konsum weiter begünstigt: beim Konsumenten.
Leider widerspricht das derzeit den Regeln für freien Wettbewerb und Steuer-Staffeln in der EU. Also werden wir ein aufwändig administriertes Placebo-Flickwerk aus relativ willkürlich verteilten Zusatz-Steuern bekommen. Weil sie nichts bewirken, wird der Staat damit die CO2-Strafen bezahlen, die uns dafür von Brüssel aufgebrummt werden und einen Teil davon als Öko-Förderungen wiederbekommen. Ein herrlicher Kreislauf – ob auch das Klima je davon profitiert, ist allerdings nicht sicher.
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