Weiß eigentlich jemand, wie viele Fahrzeuge derzeit auf dem modularen Querbaukasten (MQB) aus dem VW-Konzern basieren? Zehn? Fünfzehn? Falsch. Gut 20 Stück sind es derzeit, Tendenz steigend, und mit VW Tiguan, Tiguan Allspace, VW T-Roc, Seat Ateca, Seat Arona, Audi Q2 und Skoda Kodiaq gibt es allein sieben SUV, die alle trotz identischen Unterbaus ihre Nische gefunden haben. Das wirft jetzt natürlich eine Frage auf: Wo genau soll in diesem Gefüge denn nun der neue Karoq Unterschlupf finden?
Es stimmt schon, dass das Feld bereits bestens gefüllt ist. Doch gerade zur smarten VW-Tochter aus Mlada Boleslav passt diese vielseitige Fahrzeugklasse besonders gut. Und die Eckdaten zeigen bereits, dass im Packaging des jüngsten Skoda besonders viel Hirnschmalz drinsteckt: Er ist mit knapp 4,4 Metern Länge so groß wie ein Seat Ateca. Dank steilerem Heck bietet er aber fast so viel Platz wie der größere VW Tiguan. Damit jetzt aber keiner beleidigt ist, hat er sich preislich genau zwischen den zwei hausinternen Konkurrenten platziert. Sprich: Die Mischung passt genau für preisbewusste Familien, die trotz allem Pragmatismus nicht auf eine gewisse Coolness verzichten wollen.
Nicht täuschen lassen: Die Farbe Cappuccino-Beige ist eher ein klassisches Silbergraufad-Metallic und kostet 506 Euro extra. Beim „Style“ dafür serienmäßig: die 18 Zoll-Aluräder.
Dass Skoda besonders gewieft ist, wenn es um das Ausnutzen des Innenraums geht, wissen wir schon seit dem ersten Octavia bzw. Superb. Hier aber legen die Tschechen noch ein gehöriges Scherflein nach: Die drei verschieb- und faltbaren Einzelrücksitze (411 Euro Aufpreis) sorgen für noch mehr Bewegungsfreiheit im Fond und machen den Kofferraum extrem variabel.
Dazu kommt noch eine Vielzahl an Ablagen, die mit allerlei Gimmicks bestückt werden können: Vom Mülleimerchen für die Türfächer bis zu Modulen für die geräumige Mittelkonsole lässt sich das alles nach persönlichem Gutdünken einrichten. Gut dazu passen die niedrige Ladekante und die sehr breite Kofferraum-Öffnung.
Kurz gesagt: Der Skoda Karoq ist dermaßen vielfältig und in seiner aktiven Bescheidenheit so harmonisch für Österreich zugeschnitten, dass wir uns den Wagen wirklich genauer ansehen wollen. Dieser große Test ist also als Startschuss zu sehen, denn dieser Beige Kodiaq wird uns die nächsten zwölf Monate begleiten.
Für unser gemeinsames Jahr entschieden wir uns quasi für das „Best-of“ der Karoq-Baureihe. Der Zweiliter-Diesel mit 150 PS und Harnstoff-Einspritzung, kombiniert mit der 2400 Euro teuren Siebengang-DSG-Schaltbox und serienmäßigem Allradantrieb. Eine Antriebseinheit, die nicht nur zu einem souveränen Alleskönner wie die Faust aufs Auge passt. Sondern die auch von allem genau die richtige Menge bietet.
Die komfortable Grundabstimmung und die verbauten Winterreifen trieben das ESP bisweilen zu harten Maßnahmen. Zu brutale Lastwechsel quittierte der Karoq mit gnadenlosem Untersteuern.
Traktion ist stets genügend vorhanden, der Schaltkomfort des DSG peziell in Verbindung mit einem Selbstzünder – vor wenigen Jahren zu Recht noch kritisiert – konnte mit der neuesten Generation spürbar verfeinert werden. So sehr, dass nur mehr wenige unharmonische Momente übrig bleiben. Das Anfahren etwa wird nie so geschmeidig ablaufen wie bei einer Wandler-Automatik.
Die Leistung des Zweiliter-Diesels ist genau so gewählt, dass man sich nie untermotorisiert vorkommt und genügend Leistungsreserven bereit stehen, um doch auch einmal überholen zu können. Extra viel PS-Überschuss ist aber nicht vorhanden – kein Wunder also, dass Skoda den rund 120 Kilo schweren Allrad nicht mit dem 115 PS-Diesel anbietet.
Bei der Ausstattung griffen wir zwar zur Topversion, doch muss man hier relativierend etwas anmerken: Neben der Basis namens „Ambition“ gibt es nur mehr die Variante „Style“ zur Auswahl, die bereits über technische Leckerbissen wie LED-Scheinwerfer, 18 Zoll-Aluräder, Abstandsregel-Tempomat, Einparkhilfe und schlüssellosen Zugang verfügt. Derart umfangreich bestückt, würde ein vergleichbarer VW Tiguan leicht einmal 8000 Euro mehr kosten – bei absolut identischem Antriebsstrang.
- Der Kofferraum des Yeti-Nachfolgers glänzt nicht nur mit reiner Größe. Pluspunkte bringen auch kleine Detaillösungen wie verschiebbare Haken oder das Innenlicht, das man herausklipsen und als Taschenlampe verwenden kann.
- ewährt und durchzugsstark, aber nur für Vielfahrer interessant: Zweiliter-TDI mit 150 PS und AdBlue-Einspritzung.
Es war also genug Luft im Budget, hier einmal die höchste Stufe zu nehmen, entsprechend formidabel reist es sich auch im Karoq. Die Federung ist hierbei die herausragende Größe, denn die Tschechen wählten bewusst eine komfortable Abstimmung. Das passt besser zu dieser Fahrzeugklasse als ein pubertäres Sportfahrwerk. Es macht den knapp 1,6 Tonnen schweren Skoda auch nicht unbedingt langsamer. Sicher, die Karosserie wankt ein wenig mehr, aber dadurch gibt es auch eine stärkere Lastwechsel-Reaktion, die wieder ein wenig Agilität ins Fahrwerk spült.
Wobei hier Sicherheit spürbar an erster Stelle stand: Bei den Fahrdynamik-Tests im Driving Camp Pachfurth zeigt sich schnell, dass das ESP eher die Reißleine zieht, bevor auch nur irgendetwas anbrennen könnte. Wer aber eine saubere Linie wählt, kann mit dem Karoq durchaus seinen Spaß haben.
Die eigentlichen Spielverderber waren dieses Mal auch eher die Winterreifen, die frühzeitig den Kontakt mit der Straße abbrachen und den Tschechen-SUV lieber hilflos untersteuern ließen. Das zeigte sich besonders beim Ausweichtest. Waren 75 km/h noch zu realisieren, gab es bei einem km/h mehr schon derart brutales Untersteuern, dass der Skoda nicht mehr in die eigentliche Fahrspur zurückzubringen war.
Umso erfreulichere Nachrichten gibt es dafür von den Bremsen: Nicht nur, dass sie ohne Beladung ausgezeichnet arbeiten. Sie werden auch bei maximaler Zuladung und nach der zehnten Vollbremsung kaum schlechter. Ein ähnliches Bild zeigte sich auf dem Rutschbelag: Da ließ sich die Regel-Elektronik überhaupt nicht aus dem Konzept bringen und brachte den Karoq mit Rekordwerten zum Stillstand.
- Talentierter Praktiker: Die faltbaren Fondsitze schaffen Platz …
- … die Ablagen können vielfältig variiert werden …
- … der Mülleimer im Türfach bewährt sich auf langen Touren …
- … ebenso wie die 220 Volt-Steckdose im Fond.
Motor & Getriebe – Der bekannte Vierzylinder-Diesel arbeitet dezent brummend, hängt gut am Gas und liefert ausreichende Fahrleistungen. Das Doppelkupplungs-Getriebe reagiert spontan, sorgt aber bisweilen auch für ruckelige Schaltvorgänge.
Fahrwerk & Traktion – Angenehm komfortable Grundabstimmung mit hohem Schluckvermögen. Spürbare Karosserieneigung, bei forscher Gangart aber weder schwammig noch unsicher. Im Grenzbereich gnadenloses Untersteuern, ESP greift konsequent durch. Bremsen 1A, Traktion immer ausreichend vorhanden.
Stock & Stein – Genügend Bodenfreiheit und Allradantrieb sind vorhanden, aber weder Geländefahr-Hilfen noch Differenzial-Sperren.
Cockpit & Bedienung – Ergonomie auf hohem Niveau. Bedienelemente logisch und leicht erreichbar positioniert. Zahlreiche Funktionen über Lenkrad-Tasten steuerbar. Angenehm großer Touchscreen, Touch-Felder anstelle von Drehreglern stören aber. Sehr gute Übersicht und Sitzposition.
Innen- & Kofferraum – Vorne ordentlich Bewegungsfreiheit, hinten je nach Stellung der verstellbaren Fondsitze entweder ausreihend oder üppige Kniefreiheit. Dazu jede Menge Ablagen von groß bis klein. Kofferraum: sehr breit, sehr tief, dank großer Öffnung und niedriger Ladekante leicht zu beladen. Optionale Falt-Fondsitze ergeben einen ebenen Ladeboden.
Dran & Drin – In der besseren der zwei Ausstattungen ab Werk schon sehr ordentlich bestückt. Nur mehr verzichtbarer Luxus in der Aufpreisliste zu finden. Verarbeitung und Material-Güte ohne Fehl und Tadel. Nur mit Allrad zu haben, DSG-Verzicht spart 2400 Euro.
Schutz & Sicherheit – Übliche Mitgift an Luftsäcken und E-Fahrhilfen. Sogar Abstandsregel-Tempomat und LED-Scheinwerfer sind beim „Style“ aufpreisfrei.
Sauber & Grün – In Anbetracht der Größe und des Gewichts durchaus gute Verbrauchswerte. Start/ Stopp-System arbeitet schnell, wenn auch etwas ruppig.
Preis & Kosten – Vergleichbar bestückt ist der Yeti-Nachfolger schnell einmal 8000 Euro günstiger als ein VW Tiguan. Der Seat Ateca kostet knapp 1000 Euro weniger. Interessant: Nur zwei Jahre Neuwagen-Garantie, zwölf gegen Durchrosten. Gute Werthaltung zu erwarten.
Die Rundinstrumente sprechen die typische Skoda-Sprache, die restlichen Bedienelemente stammen aus dem großen VW-Regal und sind perfekt positioniert. Top: Übersicht und Ablagen-Anzahl.
7.1
TESTURTEIL
Nicht zu teuer, nicht zu stark – der höchst praktische Karoq bietet von allen wichtigen Eigenschaften genau die richtige Menge. Und auf fehlende Dynamik verzichtet man angesichts des komfortablen Fahrwerks gerne.
Motor & Getriebe
Fahrwerk & Traktion
Stock & Stein
Cockpit & Bedienung
Innen- & Kofferraum
Dran & Drin
Schutz & Sicherheit
Sauber & Grün
Preis & Kosten
R4, 16V, 1968 ccm, 150 PS (110 kW) bei 3500/min, max. Drehmoment 340 Nm bei 1750-3000/min, Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb, Scheibenbremsen v/h, L/B/H 4382/1841/1607 mm, Radstand 2630 mm, 5 Sitze, Wendekreis 10,2 m, Reifendimension 225/50 R 18 91H, Tankinhalt 55 l (AdBlue 22 l), Reichweite 830 km, Kofferraumvolumen 479/588–1605 l, Leergewicht 1591 kg, zul. Gesamtgewicht 2128 kg, 0–100 km/h 9,3 sec, Spitze 195 km/h, Steuer (jährl.) € 658,44, Werkstätten in Österreich 184, Service alle 30.000 km (alle 2 Jahre), Normverbrauch (Stadt/außerorts/Mix) 5,7/4,9/5,2 l, Testverbrauch 6,6 l ROZ 95, CO2 (Norm/Test) 137/174 g/km
Front- und vordere Seitenairbags, durchgehende Kopfairbag-Vorhänge, Fahrerknie-Airbag, Fernlicht-Assistent, City-Notbremsassistent inkl. Fußgänger-Erkennung, Matrix-LED-Licht, Müdigkeits-Warner, Fernlicht-Assistent, Abstandsregel-Tempomat, Klimaautomatik, Licht- und Regensensor, Tempomat, E-Parkbremse, Einparkhilfe h, Multifunktions-Lederlenkrad, 2:1 Umlege-Fondlehnen, autom. abblendende und el. klappb. E-Außenspiegel, Nebelscheinwerfer, LED-Heckleuchten und -Tagfahrlicht, Audiosystem mit 8 Zoll-Touchscreen sowie USB- und SD-Karten-Slot und 8 LS, Bluetooth für Telefon und Audio, Sprachsteuerung, vier E-Fensterheber, FB-Zentralsperre, Komfortsitze, Lenkradheizung, Sitzheizung v, 18 Zoll-Aluräder, Einparkhilfe v+h, schlüsselloser Zugang etc.
Spurhalte- und -verlassenswarner € 771,–, Style-Paket (Einpark-Assistent, Rückfahrkamera, E-Heckklappe) € 913,–, Ledersitze € 1555,–, Sportsitze v € 328,–, Virtual Cockpit plus E-Heckklappe € 615,–, getönte Fondscheiben € 151,–, verschiebbare Rücksitze € 411,–, Navigation ab € 686,–, Canton-Sound € 377,–, Alarm € 238,–, klappb. Beifahrersitzlehne € 91,–, beheizb. Frontscheibe € 204,–, Standheizung € 892,–, Metallic-Lack € 506,–, schwenkb. Anhängerkupplung € 688,–, Klapptische an Sitzlehnen € 96,–, Teilleder-Innenausstattung € 1309,–, 19 Zoll-Aluräder € 503,–, E-Fahrersitz inkl. Memory € 533,–, Multimedia-Anschluss € 203,–, Panorama-Glasschiebedach € 1076,– etc.
Oliver Zoffi
( 31. März 2018 )
Da bei Allrad und DSG nur als Diesel zu haben und die Aufpreispolitik imho fragwürdig ist – wieso kann ich eine Rückfahrkamera nur in Verbindung mit einer AHK haben? – für mich indiskutabel.
Hans
( 1. April 2018 )
Servus Olli!
Skoda verfolgt beim Karoq sowieso eine etwas merkwürdige Modellpolitik.
Eine Basisversion wie z.B. beim Seat Ateca Reference, der sich mit dem Österreichpaket zu einem akzeptablen Preis auf ein durchaus interessantes Niveau aufpäppeln läßt, beginnt Skoda hier gleich mit der mittleren Ausstattungsvariante und das kostet eben.
Warum allerdings hier wieder einmal ein Diesel mit Automatik und Topausstattung (dauer)getestet werden muss, entschließt sich mir nicht ganz.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Variante – insbesondere bei Privatkäufern – die meistgekaufte ist.
MfG J
Hans
( 1. April 2018 )
Sorry, sollte natürlich heißen:
Eine Basisversion wie z.B. beim Seat Ateca Reference, der sich mit dem Österreichpaket zu einem akzeptablen Preis auf ein durchaus interessantes Niveau aufpäppeln läßt, gibt es hier nicht. Stattdessen beginnt Skoda hier gleich mit der mittleren Ausstattungsvariante und das kostet eben…..
MfGJ
Oliver Zoffi
( 1. April 2018 )
Servus Hans!
So sehr ich auch abwäge, bei Seat bekomme ich noch immer mehr Auto ums Geld (oder gleich viel Auto für weniger Geld) und kann dies vor allem gezielter auf meine Wünsche abstimmen! Einzig ein beheiztes Lenkrad und eine umklappbare Beifahrersitzlehne wären toll gewesen (dafür würde ich sofort die Sitzheizung eintauschen).
Es hat schon seinen Grund, weshalb der Ateca noch immer so gefragt ist und Lieferzeiten ab 8 Monate aufwärts hat …
Ich darf mir meinen übrigens am 6.4. abholen – ist doch fast ein Osterhasi geworden 😀
lg
Olli
Weuzi
( 3. April 2018 )
Es ist beeindruckend, wie der VW-Konzern 4 Marken (Audi, VW, Seat und Skoda) am gleichen Spielfeld mit geschätzten 10 Modellen pro Marke und identer Technik spielen lässt, ohne dass sie sich wesentlich gegenseitig kannibalisieren. Wenn man die österreichische Zulassungsstatistik mit den 4 Marken zusammenzählt, kommt mehr als ein Drittel Marktanteil heraus und das ist angesichts der zahlreichen inner- und außerdeutschen Konkurrenz beachtlich.
Rolex
( 3. April 2018 )
Einerseits beachtlich, andererseits erschreckend… Die Produkte sind ja subjektiv wie objektiv (auf Einseitentest- und Vergleichstest-Ebene) gut – auf Dauertest-Level zeigt sich, dass sie aber auch nicht besser sind als der Durchschnitt, persönlich schlechte / gute Erfahrungen gibt es genug.
Aber Zustimmung: der VW-Konzern positioniert die Modelle sehr geschickt, sodass jeder Kunde was passendes findet, und alle vier Marken genug absetzen. Langfristige Wellen sind aber interessant, aktuell macht vor allem Seat PLUS während Audis Kurve nach unten zeigt. VW hatte früher auch schon 20% MA, seit ein paar Jahren sind es immer rund um 17 bis 18. In Summe aber hat der Konzern in den letzten Jahren weiter dazu gewonnen.
Mozl
( 3. April 2018 )
Eine Frage: Wie spricht man eigentlich Karoq aus, ohne dass es einen dabei reckt?
Gibt es da eine besondere Zungentechnik?
Oliver Zoffi
( 4. April 2018 )
@mozl: Sprich das Q als K aus und es passt schon (wurscht obs richtig ist 😉
@rolex: “Interessant” dabei ist allerdings, dass man trotz des Erfolges beim Ateca Seat seit 2 Jahren an der kurzen Leine lässt! Sodass schon einige Kunden inzwischen das Handtuch geworfen haben und zu Skoda oder gar VW gewechselt sind – war aber sicher nie beabsichtigt….
lg
Olli
Mozl
( 6. April 2018 )
Ich kenne einen, der steht heute besonders gerne auf. 😉