Niki Lauda: Fahre heute, zahle morgen – Teil 1

19. Februar 2020
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Dass Niki Lauda als umtriebiger und genialer Geldjongleur Fluglinien gründete, sie verkaufte, neue aufsperrte, die staatliche AUA aufs Glatteis führte und, so gar nicht zu seinem Nachteil, die gesamte Branche durcheinanderwirbelte, ist auch jüngeren Leuten bekannt. Dass sein Instinkt für Geldgeschäfte, gepaart mit Intelligenz, Risikobereitschaft und einem Maß an Schlitzohrigkeit, es seinerzeit überhaupt erst ermöglicht hatte, dass er in die Formel 1 gelangte, wissen nur die älteren Rennsportfreaks. Denn um überhaupt in die Formel 2 und später in die Formel 1, die Königsklasse des Motorsports, aufsteigen zu können, musste jeder Jungrennfahrer Geld lockermachen – von Sponsoren eingebracht oder sein eigenes. Laudas Familie war zwar vermögend, für die Rennfahrerambitionen des Sohnes hatte sie freilich wenig übrig, und Geld schon gar nicht.

Niki aber war fest entschlossen, sich in ein Formel 2-Team einzukaufen. Die Monate nach dem Tod Jochen Rindts waren in Österreich nicht ungünstig, um ins Gespräch zu kommen; Sponsoren und Veranstalter suchten ein neues Zugpferd. Das war das makabre Karussell des Rennsports: Die Toten mussten durch Lebende ersetzt werden.

Im Oktober 1970 setzte sich Niki Lauda ins Auto und fuhr zum Büro des Bosch-Racing-Team-Managers Graf Erwein Schönborn-Buchheim (übrigens ein Verwandter des späteren Wiener Kardinals Christoph Schönborn). Lauda bot sich die Chance, beim March-Rennstall unterzukommen. Die englischen Teams waren knapp bei Kasse, wer Geld mitbrachte, war willkommen. Eine volle Formel 2-Saison, inklusive Service, kostete rund 560.000 Schilling (rund 40.000 Euro), für heutige Verhältnisse ein Trinkgeld. Niki sagte zum Bosch-Grafen: »Es ist ganz einfach, in die Formel 2 zu kommen. Du zahlst, ich fahre.« Schönborn sprach von einer »Sponsormöglichkeit, die sich da ergeben könnte«, und Lauda wurde immer hartnäckiger, klopfte täglich bei Schönborn an. Dem March-Chef Max Mosley hatte er auch schon versprochen, dass »alles okay« ginge. Obwohl er noch keine Ahnung hatte, woher er das Geld nehmen sollte.

Niki Lauda war als zweiter Fahrer nach Ronnie Peterson bereits fix eingeplant. Von Schönborn kam die Zusage für 50.000 Schilling – ein Tropfen auf den heißen Stein. Lauda riskierte ein Luftgeschäft: Als Mosley zu drängen begann, kritzelte Niki seine Unterschrift unter den Vertrag – auch auf die Gefahr hin, ihn niemals einhalten zu können. Der Kurier-Redaktion vermeldete Lauda, dass alles geregelt sei, aber Schönborn musste er die Wahrheit sagen: »Graf, du musst mir helfen. Ich hab unterschrieben. In drei Wochen brauch ich das Geld.« Schönborn überlegte bereits, ob er nicht eine reiche Bekannte aus Amerika bitten sollte, ihm das Geld zu borgen.

Doch Lauda hatte Glück. Als Schönborn den Generalsekretär der renommierten »Ersten Österreichischen Sparkasse« (heute Erste Bank) zufällig auf der Straße traf und ihm die Sorgen des jungen Lauda anvertraute, hatte dieser für Nikolaus offene Ohren. »Es wird sich was machen lassen.« Es ließ sich was machen. Die Bank war bereit, Lauda das Geld zu leihen, Niki selbst und Bosch in Form von Sponsorgeld sollten es innerhalb von drei Jahren abstottern. Laudas Hasardspiel: Der March-Vertrag lief nur ein Jahr. Doch beinahe hätte Niki ein Blattschuss aus der eigenen Familie erledigt. Die Unterschriften auf dem Vertrag waren noch nicht trocken, als Großvater Hans Lauda, mit den Direktoren der Ersten Österreichischen Sparkasse befreundet, im Aufsichtsrat intervenierte, um den Kontrakt platzen zu lassen. Niki rief empört daheim an: »Bring das wieder in Ordnung!« Der Opa brachte.

Die Eltern Laudas standen den Profi-Ambitionen ihres Sohnes zwar immer ablehnend, aber passiv gegenüber, der Großvater jedoch hatte sich der Passion seines Enkels aktiv widersetzt. Auf Nikis finanziellem Spießrutenlauf zum Erfolg wird der alte Herr noch einmal zum Hindernis werden – genau ein Jahr später.

Fortsetzung: Teil 2

Foto: Erich Kaszay

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