Ginge es nach der Deutschen Umwelthilfe (DUH), sollte Plug-In-Hybriden die Förderung entzogen werden. Diese würden „bis zu 499 Gramm CO2 pro Kilometer emittieren“, was „weit über den Flottengrenzwerten der EU“ läge. In manchen Medien war in diesem Zusammenhang gar von „Tricksereien der Autohersteller“ die Rede.
Unsinn. Zwar wurden Autokonzerne bei zu hohen Flotten-Verbrauchswerten zu Nachzahlungen verpflichtet, es gibt aber keinen CO2-Grenzwert für einzelne Fahrzeuge. Und: Selbst Flottenverbrauchs-Überschreitungen sind nicht illegal, daher kann es hier auch keine Tricksereien geben.
Das Problem: Der Verbrauch von Plug-In-Modellen – also Hybriden mit externer Stromlade-Möglichkeit – ist schwer fassbar, weil er zwischen null Litern (im Elektromodus) und beinahe dem Niveau von vergleichbaren Verbrennern (bei leerer Batterie) liegt. Dass diese Fahrzeuge im von der Politik festgelegten Normverbrauchs-Zyklus sehr günstig wegkommen und somit den Herstellern Nachzahlungen ersparen, ist nicht ihre Schuld. Auch nicht, dass sich Kunden in der Praxis als Stromlade-Muffel erweisen.
Der von der EU-Kommission abgesegnete Verbrauchswert von Fahrzeugen mit Plug-In-Hybrid wird folgendermaßen gemessen: Der ca. 23 Kilometer lange Testzyklus wird mit voller Batterie begonnen. Reicht die Batterieladung für weitere Zyklen, werden auch diese gefahren. Irgendwann kommt ein Zyklus, in dem die Batterieladung endet, dieser wird dann mit dem Verbrennungsmotor fertig bestritten und abschließend wird noch ein reiner Verbrenner-Zyklus angehängt. Anhand dieser Testkonstellation lässt sich erkennen, dass der Verbrauch umso niedriger ausfällt, je größer die Batteriekapazität ist. Reicht die Batterie z.B. für 2 Zyklen und das Fahrzeug verbraucht im Verbrenner-Betrieb 10 Liter/100 km, liegt der WLTP-Normverbrauch bei 3,33 Litern.
Warum sind Plug-In-Hybride derzeit so leistungsstark? Weil die Autofirmen einen „Top down“-Ansatz verfolgen müssen, um damit Geld verdienen zu können. Schwächere, kleinere und preisgünstigere Varianten werden nach und nach auf den Markt kommen. Allen Plug-In-Modellen gemeinsam ist, dass sie ihren Verbrauchsvorteil nur dann ausspielen, wenn man selten lange Strecken zurücklegt und vor allem täglich Strom lädt. Sie sind nicht dazu gedacht, als Firmenfahrzeuge Langstrecken mit hohem Benzinverbrauch zurückzulegen und damit als reines Steuerspar-Modell missbraucht zu werden – weil sich Unternehmen die NoVA sparen und Dienstwagenfahrer vom niedrigeren Sachbezug profitieren, ohne dass es dabei reale Verbrauchssenkungen geben würde. Eine Hintertür, die die Politik (wissentlich?) sperrangelweit offen ließ.
Den Autos kann man daraus jedenfalls keinen Strick drehen. Auch Tiere sind unschuldig an nicht artgerechter Haltung, dafür können nur deren Besitzer etwas.
Foto: Porsche
Mozl
( 10. November 2020 )
´Das erinnert mich ein bisschen an “mei Bier is net deppert” von Karl Merkatz als Mundl in der Serie “Ein echter Wiener geht nicht unter”. Ich würde sagen man kann den Herstellern nicht vorwerfen, wenn diese einen praxisfremden Prüfzyklus ausnutzen den sie vorher von der Politik durch lobbyieren beschließen haben lassen.
Georg Koman
( 10. November 2020 )
So toll kann das Lobbying der Hersteller nicht gewesen sein, sonst hätten sie sich nicht die gnadenlos niedrigen, zudem jährlich weiter verschärften Flottenverbräuche aufs Auge drücken lassen, die sie Milliarden kosten werden. Außerdem ist die Gewinnmarge von Hybridfahrzeugen geringer als von vergleichbaren Nur-Verbrennern.
Mozl
( 11. November 2020 )
Lieber Georg, die angedrohten Strafzahlungen sind etwas für die Stammtische . Warten wir einmal ab, wie heiß die Suppe am Ende des Tages gegessen werden muss. Die Politik hat durch die Mehrfachanrechnung von Elektroautos und Plug-In Hybride bewusst eine Fluchttüre offen gelassen. Im Übrigen wären diese Strafzahlungen Bagatellbeträge im Vergleich zu dem was der Autoindustrie der von ihr zu verwantwortende Dieselskandal gekostet hat. Wieviele Milliarden hat VW da schnell noch einmal zahlen müssen? 20 oder 30?
Georg Koman
( 11. November 2020 )
Hallo Mozl, 2020 werden die Strafzahlungen tatsächlich noch nicht so schlimm sein, weil im heurigen Übergangsjahr jeder Hersteller die fünf verbrauchsstärksten Prozent an zugelassenen Autos wegrechnen darf. Dass alle die EU-Strafzahlungen ernst nehmen, zeigt sich aber daran, dass Fiat einen “Verbrauchs-Deal” mit Tesla abgeschlossen hat (ein solches Pooling von Konzernen ist erlaubt) und dass quer durch die Marken PS- und/oder verbrauchsstärkere Modelle bis hinunter zu VW Polo GTI oder Suzuki Jimny bereits aus den Preislisten verschwunden sind.
Angeblich hätte VW 4,5 Milliarden Euro Strafe zahlen müssen, wäre die Regelung schon 2019 in Kraft gewesen, das war allerdings vor deren Elektro- und Hybrid-Offensive.
Hans
( 10. November 2020 )
>>>Sie sind nicht dazu gedacht, als Firmenfahrzeuge Langstrecken mit hohem Benzinverbrauch zurückzulegen und damit als reines Steuerspar-Modell missbraucht zu werden – weil sich Unternehmen die NoVA sparen und Dienstwagenfahrer vom niedrigeren Sachbezug profitieren, ohne dass es dabei reale Verbrauchssenkungen geben würde. Eine Hintertür, die die Politik (wissentlich?) sperrangelweit offen ließ.<<<
Genau das passiert aber. Den Firmen rennen die Hersteller die Türen ein mit allen möglichen und unmöglichen Sonderkonditionen, Rabatten, Prämien und dergleichen mehr, die Autos werden dann auf den Autobahnen getreten wie die Pfingstorgeln und brauchen ein Vielfaches des geschummelten Normverbrauches, während Otto Normalverbraucher auf der Strecke bleibt und auf die fahrenden Ghettos umsteigen soll. Das Coronavirus gibts gratis dazu.
MfG J
Georg Koman
( 10. November 2020 )
Auch wenn ich deine Ansicht nicht teile, dass die Hybrid-Verbräuche “geschummelt” sind, bei ALLES AUTO testen wir deren Verbräuche trotzdem anders – und zwar so: Wir fahren zweimal unsere 100-Kilometer-Verbrauchstestrunde, einmal starten wir mit voller Batterie, einmal mit leerer Batterie, den Verbrauch geben wir dann als von-bis an.
Beispiel Kia Ceed SW Plug-In-Hybrid: WLTP-Normverbrauch = 1,3 Liter. AA-Testverbrauch = 3,4-6,1 Liter. Auch bei uns gilt natürlich: Je größer die Batterie, desto niedriger ist der erste Verbrauch, beim zweiten Verbrauch kommt dann aber die stromlose Wahrheit ans Licht. Das müsste eigentlich deinen Geschmack treffen…
Hans
( 18. November 2020 )
WLTP-Norm 1,3 Liter, Euer Testverbrauch im günstigsten Fall 3,4 Liter.
Ich stelle mir gerade vor, was man mit Anbietern machen würde, deren VERBRENNER im günstigsten Fall fast 3x soviel verbrauchen wie lt. Werk.
MfG J
Rolex
( 18. November 2020 )
@Hans, die Aussagte des AA-Verbrauch lautet: wenn Du eine tägliche Strecke von 100km hast, brauchst Du mindestens 3,4 l.
Wenn Du kürzere Strecken fährst, dann kannst Du ja auch 0 l verbrauchen (bis zur max. Reichweite der Batterie). Der WLTP-Zyklus ist ja deutlich kürzer als die 100km… Und auch wenn der WLTP-Zyklus “praxiskonformer” als der alte NEFZ-Zyklus ist, kaum einer fährt wirklich so, sodass die angegebenen Werte tatsächlich von den wenigsten erreicht werden. Dient in erster Linie zum Vergleichen – allerdings hier nicht so 1:1 möglich wie bei Verbrennern.
Weuzi
( 11. November 2020 )
Autos in der Größe eines X5 oder der E-Klasse kauft man sich nicht zum Semmeln holen, sondern weil man (öfter) Vielfahrer ist und einen entsprechenden Langstreckenkomfort erwartet. Und wenn ich richtig informiert bin, sind mehr als 50% der Neuwagen bereits Firmenfahrzeuge. Als Diesel haben selbst diese großen Fahrzeuge bei hohen Reiseschnitten nicht mehr als 8 l/100 km verbraucht. Obwohl nun super sauber, sind Diesel politisch Pfui Gack und Benziner als Hybrid supersuper, auch wenn sie rund 50% Mehrverbrauch als Verbrenner gegenüber einem Diesel haben und werden entsprechend gefördert. Ein weiterer Mosaikstein im Hirnlosigkeitsmosaik populistischer, sogenannter Klimapolitik. Denn selbst bei besten Absichten, seinen Plug in elektrisch zu betreiben, sind die praktischen Voraussetzungen, dies auch zu tun, noch sehr beschränkt. Abgesehen von dem Anbieter-/Bezahlungschaos bei den Zapfsäulen, denke man an Stadtwohnungen, Reisehotels für Dienstreisende oder Bürogebäude – die allesamt nur sehr homöopathische Lademöglichkeiten bieten.
Mozl
( 18. November 2020 )
@Weuzi, Gießhübel, Puntigam und & Co (um Bronner/Qualtinger zu zitieren) bringen im Porsche Cayenne die Kinder in den Kindergarten bzw. zur Schule. Von Langstrecken ist da keine Rede.
Hans
( 18. November 2020 )
@Mozl: ich könnte das noch ergänzen, aber das wäre zu bööööse….Stichwort Fitnesscenter, Tennisclub und so….
MfG J
Hans
( 19. November 2020 )
@Rolex: bei der enormen elektrischen Reichweite der Plug-In-Hybriden kannst damit gerade einmal zum Hofer und retour rein elektrisch fahren.
Mich überzeugen die Dinger nicht. Schlechtere Fahrleistungen, kleinerer Kofferraum und teuer.
Aber was solls…solange ich noch fahre, kann ich das vermutlich eh mit einem Benziner tun. Ein Diesel kommt ja seit der Einführung des Partikellungengängigmachers nicht mehr in Frage.
MfG J
Georg Koman
( 20. November 2020 )
Lieber Hans, wie kommst du drauf, dass Plug-In-Hybride “schlechtere Fahrleistungen” liefern würden? Die Spontaneität des Antritts ist DIE Domäne des Elektromotors. Wo Elektro draufsteht, ist Drehmoment drin. Wenn einem Formel-1-Fahrer die Hybrid-Unit ausfällt, schreit er verzweifelt “No power, I have no power!” in den Bordfunk.
Und der Diesel als “Partikellungengängigmacher” ist auch nicht mehr Up-to-Date. Seit der Abgasnorm Euro 6d-TEMP (seit Mitte 2017 für Neutypisierungen) gibt es RDE für NOx und Partikel. Die Autos müssen jederzeit einen “Real Driving Emissions”-Test bestehen können und nicht nur einmal vor ihrer Typisierung am Prüfstand. Solche RDE-Tests werden von Autofahrerklubs immer wieder mit anonym gekauften Gebrauchtwagen gemacht, bis jetzt hat jedes Auto bestanden. Diesbezügliches Schummeln scheint also tot zu sein.
Hans
( 21. November 2020 )
Hallo Georg,
als Beispiel für die schlechteren Fahrleistungen der Plug-in-Hybriden der Renault Captur: Plug-in-Hybrid sagenhafte 159 PS Systemleistung. 0-100 in 10,1″”. Spitze 173 km/h, damit liefert er sich ein hartes Duell mit der 90 PS-Basismotorisierung (168 km/h). Da deutet doch alles darauf hin, dass bei VMax nur der Benziner (92 PS) werkelt.
TCe140 EDC PF 140 PS Leistung, 0-100 9,2”, 196 km/h.
Nur in der Elastizität von 80 – 120 kann der Plug-in mithalten bzw. ist minimalst besser (7,5 vs 7,7 beim 140 PSigen). Allerdings steht nirgends, bei welchem Tempo sich der Elektromotor verabschiedet und der Benziner allein ruachln muss. Wäre für Vielfahrer (nicht für mich persönlich!!!) wichtig.
Zum Dieselpartikelfilter: da hieß es doch immer, dass der die größeren Partikel herausfiltert und die kleinen, gefährlichen, da lungengängigen, durchlässt. Ich weiß allerdings nicht, wie das bei den heutigen Motoren ist.
Dass man bei häufigem Kurzstreckeneinsatz Probleme mit der Verstopfung des Partikelfilters bekommen kann, ist aber nach wie vor aktuell???
MfG J
Georg Koman
( 22. November 2020 )
Hallo Hans,
bei Renault hast du einen wunden Punkt getroffen. Die geben als Systemleistung einfach die Addition aus Leistung Benziner und Leistung Elektromotor an – übrigens als einziger Hersteller. Klingt gut, wird aber niemals halten, wenn man das Auto auf einen Prüfstand stellt, um die echte Systemleistung zu messen. Verbrenner und Elektromotor geben ja nie gleichzeitig ihre Höchstleistungen ab. Das wäre auch gar nicht zielführend: Der Stromer soll für ein kraftvolles Anfahrmoment sorgen, später übernimmt dann im Hybridmodus zusehends der Verbrenner, weil die Batterie nur über eine begrenzte Kapazität verfügt.
Im reinen Elektromodus kann der Renault Captur E-TECH 135 km/h schnell fahren (siehe ALLES AUTO 11/2020), im Hybridmodus unterstützt der Stromer prinzipiell bei jeder Geschwindigkeit, (a) wenn man vom Gas geht und den Benziner dann nicht braucht bzw. (b) wenn man kräftig beschleunigen will.
Partikelfilter (die neuerdings auch bei Benzinern zum Standard gehören) eliminieren inzwischen sehr kleine Partikel, ebenso scheint die Filter-Verstopfung kein Thema mehr zu sein. Auf jeden Fall stimmt es, dass der Filter bei häufigem Kurzstreckeneinsatz öfter regenerieren muss, was den Verbrauch erhöht. Ein Diesel taugt eben nicht so gut als (reines) Kurzstreckenfahrzeug – genauso, wie ein Hybridmodell nicht so gut als (reines) Langstreckenfahrzeug taugt.
Rolex
( 20. November 2020 )
Hallo Hans,
da bin ich nicht Deiner Meinung. Bin kürzlich – ohne Kaufabsicht – den Ioniq Plug-In Probe gefahren und könnte mit dessen E-Reichweite meinen typischen Arbeitsweg (sind nur knapp 15 km eine Richtung) problemlos hin und retour schaffen. Und im Misch-Betrieb hab ich ca. 5,5 l verbraucht.
Das ist aber immer noch deutlich mehr, als ich mit meinem aktuellen Civic Kombi Diesel (Bj 2014) verbrauche – da bin ich übers Jahr mit 4,5l unterwegs. Und mit einem Euro6- (und was da aktuell an Zusätzen gültig ist) Diesel hab ich null schlechtes Öko-Gewissen.
Aktuell würd ich mir wieder einen Diesel kaufen. Allerdings möchte ich meinen Honda sowieso noch länger fahren.
lgR
Mozl
( 20. November 2020 )
Lieber Johann, gerade beim Plug-In kommt es sehr auf das Nutzerverhalten an. @gefra fäht seinen Prius Plug-In im Schnitt mit 3 Liter und führt exakte Aufzeichnungen darüber.
Hans
( 21. November 2020 )
Lieber Mozl,
das wäre interessant, wenn es ein “normaler” Hybrid (ohne Plug-In) wäre. Denn für den Strom muss man ja schließlich auch bezahlen.
Wenn man das dazurechnet, dazu die exorbitanten Mehrkosten für den Plug-in gegenüber dem normalen Hybriden (8.260 Euro beim Prius), bin ich mir nicht sicher, dass sich das auszahlt bzw. bin ich mir eigentlich sicher, dass sich das niemals auszahlt.
MfG J
Mozl
( 23. November 2020 )
Lieber Johann, wenn du bei einem Auto anfängst zu rechnen hast du schon verloren. Bitte melde dich bei mir so du meine E-Mailadresse noch hast. Lgm