Teslas Muskelspiele

13. März 2018
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Tesla-Boss Elon Musk plagen eigentlich eine Menge Sorgen: Sein neues Kompakt­auto „Model 3“ hat massive Produktionsprobleme im Bereich der Batterie-Fertigung. Bisher verließen viel weniger Stück als je geplant die Werkshallen, obwohl es über 500.000 Vorbestellungen gibt, die mit je 1000 Dollar bezahlt wurden. Musk entließ deshalb schon mehr Mitarbeiter, als bis zum Dezember 2017 Model 3 produziert wurden.

Ein normal gestrickter Manager würde nun ver­­suchen, die aktuellen Probleme schnell und vor allem im Stillen zu lösen. Nicht so Musk. Der wirft lieber die PR-Maschine an und präsentiert „für 2019/2020“ einen Roadster und einen Lkw, beide natürlich rein elektrisch angetrieben. Der Laster soll über eine Reichweite von 800 Kilometern verfügen und ohne Fracht in fünf Sekunden auf 100 km/h beschleunigen. Der Roadster will den Standardsprint gar in 1,9 Sekunden schaffen und 1000 Kilo­meter weit kommen. Vorbesteller dürfen schon einmal 50.000 Dollar überweisen. Bereits im Mai 2017 kündigte er ein Model Y als kleineren und günstigeren Bruder des großen SUV Model X an. Kann sich keiner daran erinnern? So ist das mit großen Ankündigungen. Details sind schnell vergessen, im Hinterkopf der gläubigen Jünger bleibt jedoch bestehen: Musk ist der Messias, der laufend glorreiche Ideen hat.

Neuerdings dienen die lautstarken, immer wilderen Ankündigungen aber primär der Über­tönung von Problemen, etwa der massiven Quartals-Verluste. Irgendwie erinnert die Sache an ein Pyramidenspiel. Das Minus bei den jeweils aktuell produzierten Modellen wird von immer höheren An­zahlungen für groß angekündigte Luftschlösser abgedeckt. Bis es dann irgendwann „Bumm“ macht. Nichts gegen die brillante Idee Tesla, aber alle Manager, die zu schnell zu viel wollten, landeten bisher auf der Nase – oder im Gefängnis. Deren Problem ist es durchwegs, dass sie Eitelkeit und Geltungsdrang zusehends über die gute Grundidee stellen.

Vermutlich wäre es für Tesla sinnvoll, sich von der angestrebten Massenproduktion zu verabschieden und sich auf die elitäre Schiene zu konzentrieren: gut designte Luxusfahrzeuge mit Elektromotor. Kleine Stückzahlen, große Gewinne. Damit ginge man Produktions-Schwierigkeiten ebenso aus dem Weg wie dem Problem der schwindenden Batterie-Ressourcen (Lithium, Kobalt, Kup­­fer) und den Hürden der aufzubauenden Lade-Infrastruktur.

Edle Marken, die in ihrem jeweiligen Umfeld seit Jahrzehnten Begehrlichkeiten wecken, kennt man zur Genüge: Ferrari, Apple, Rolex, Dyson – James Dyson gelang sogar das Kunststück, aus Staubsaugern Kultobjekte zu machen. Doch alle hüten sich davor, zu viel zu wollen. Ferrari will nicht zum Mars fliegen (wie Musk mit seinem Projekt „SpaceX“), Rolex kein Swatch-Konkurrent werden, Apple kein Billig-Smartphone bauen.

Eines ist klar: Ohne Visionäre würden wir heute noch mit Faustkeil und Feuerstein durch die Wälder streifen. Aber die wahre Kunst ist es, nach dem Erfolg einer revo­lutionären Idee nicht die Bodenhaftung zu verlieren. Kriegt Elon Musk diesbezüglich nicht bald die Kurve, wäre er gut beraten, in absehbarer Zeit eine seiner Mars-Raketen zu besteigen – per One-Way-Ticket.

(Kommentar)

Foto: Tesla